Die Kölner Burschenschaft Germania

Honoriger geht’s kaum. Wer die Referentenliste der “Marienburger Gespräche” durchsieht, die die Kölner Burschenschaft Germania regelmäßig veranstaltet, findet dort hochrangige Personen ganz unterschiedlicher Couleur. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion trat ebenso schon bei der Germania auf wie ein SPD-Politiker, der einst Präsident des Europaparlaments war. Prominenz von FDP und Grünen gastierte bereits in dem schwarz-weiß-rot beflaggten Haus am Bayenthalgürtel. Und selbst ein ehemaliges Mitglied des SED-Politbüros fand dort öffentlich Gehör. Wie kann man da behaupten, die Germania sei eine rechtslastige Organisation?

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Die Antwort bietet ein Blick auf die Besonderheiten von Burschenschaften. Sie hängen, wie alle anderen Studentenverbindungen auch, mit ihren überkommenen Bräuchen und (Trink-)Ritualen einem konservativen Weltbild an. Sie nehmen nur deutsche Männer auf; die meisten Burschenschaften, darunter die Germania, führen außerdem Zweikämpfe mit scharfen Fechtwaffen (“Mensuren”) durch, bei denen es zu schmerzhaften Wunden und Narben (“Schmisse”) kommen kann. Sie sind stark traditionsfixiert, und sie sind “Lebensbünde”: Wer als Stu­dent eintritt, wird nach dem Ende des Studiums “Alter Herr” und bleibt im Normalfall sein Leben lang Mitglied.

Daher muss sich, wer die Kölner Burschenschaft Germania einschätzen will, auch mit ihrer Vergangenheit befassen. Diese aber zeigt zahlreiche Ausflüge nach rechtsaußen. “Freiheit für Königsberg!” lautete ein Aufruf, den 1992 mehrere “Germanen” unterschrieben. Der Appell, Russland das Kaliningrader Gebiet zu entreißen, wurde in der rechten Jungen Freiheit gedruckt. Ein Jahr später wurde im Namen der Burschenschaft ein Flugblatt verteilt, in dem der von den Nazis gefeierte Rechtsterrorist Albert Leo Schlageter als “Vorbild der deutschen Jugend” gepriesen wurde. Anfang der 1990er Jahre wehte der Wind bei der Germania also stark von rechts.

Dies trifft auch auf die 1970er Jahre zu. 1977 war in Köln eine hochschulpolitische Gruppe rechts vom RCDS gegründet worden, der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). Die Gründung fand im Haus der Germania und unter Teilnahme von acht Germanen statt. Der Rechtsaußenverband RFS stand später, in den 1980er Jahren, unter der Leitung des heutigen Pro Köln-Chefs Markus Beisicht. 1978 berichtete Klaus Kunze in einem rechten Studentenblatt über den RFS. Kunze war 1974 in die Germania eingetreten und wurde von ihr noch 1995 als Mitglied geführt. Er ist Rechtsanwalt und verteidigt heute Neonazis, zuletzt in einem Prozess, bei dem u.a. der stellvertretende Vorsitzende der NRW-NPD sowie “SS-Siggi” Siegfried Borchardt vor Gericht standen. Zu den Verteidigern gehörte auch Markus Beisicht.

Die Geschichte der Kölner Burschenschaft Germania zeigt: Ihr politischer Auftritt hängt stark davon ab, welche Vorlieben die gerade aktiven Mitglieder haben. Unter den “Alten Herren” sind viele, die während ihrer Aktivenzeit Rechtsaußen-Aktivitäten mitgetragen haben. Ob und wann die Germania wieder zu solchen Aktivitäten übergeht, bleibt abzuwarten.