Rechtsextremismus - was ist das?

Die politischen Bezeichnungen “rechts” und “links” gehen auf die Sitz­ordnung in den Parlamenten nach der Französischen Revolution zurück. Während der Adel und das konservative Besitzbürgertum rechts saßen, nahmen demokratische und revolutionäre Kräfte links Platz. Seitdem werden die Begriffe “rechts” und “links” mit politischen Inhalten identifiziert. Was aber unter Begriffen wie “rechtsextrem”, “rechtsradikal”, “rechtspopulistisch”, “neofaschistisch” oder “neonazistisch” tatsächlich zu verstehen ist, darüber gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen. (1)

Die heutige extreme Rechte geht - allgemein gesprochen - von der Ungleichwertigkeit von Menschen und Menschengruppen aus. Sie behauptet, es gebe einen angeblich unüberwindbaren Gegensatz zwischen dem (überlegenen) Eigenen und dem Fremden.

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“Dimensionen des Rechtsextremismus" (2)

Die im Schaubild genannten Einstellungen gelten im Großen und Ganzen als wesentliche Bestandteile eines extrem rechten Weltbildes. Sie reichen bis weit in die Mitte der deutschen Gesellschaft. Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2006 ergab, dass 34,9 Prozent der Bevölkerung die Meinung vertreten, man solle “die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken”, wenn “Arbeitsplätze knapp werden”. Ein noch größerer Anteil, nämlich 37 Prozent, glaubt, dass Ausländer nur nach Deutschland kommen, “um unseren Sozialstaat auszunutzen”. Sogar 39,1 Prozent teilen die Ansicht, die Bundesrepublik sei “durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet”. Immerhin 26 Prozent unterstützen die antidemokratische Forderung: “Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert”. 17,8 Prozent behaupten, der Einfluss “der Juden” sei zu groß. (3)

Jugendliche gelten zwar allgemein im Vergleich zu älteren Generationen als toleranter. Trotzdem will jeder zehnte Heranwachsende keine afrikanische Familie als Nachbarn haben, sogar 30 Prozent lehnen den Zuzug einer Aussiedlerfamilie ab. (4) Die Studie “Muslime in Deutschland”, die das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr veröffentlichte, zeigt, dass bei 15 bis 20 Prozent der befragten deutschen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund eine extrem ausländerfeindliche Haltung vorhanden ist. 19,5 Prozent von ihnen stimmen gar der Parole “Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!” zu.

Wer rassistisch denkt, wählt allerdings längst nicht immer NPD, engagiert sich nicht unbedingt bei einer “Freien Kameradschaft”, marschiert selten bei einer rechtsextremen Demonstration mit oder verprügelt gar Ausländer. Offener Neonazismus und Rechtsextremismus werden als politische Strömungen weiterhin von einer breiten Mehrheit der deutschen Bevölkerung abgelehnt. Daher ist die Unterscheidung zwischen Einstellungen und Verhalten wichtig.

Rechtsextremismus basiert durchweg auf den im Schaubild ge­nannten Einstellungen. Er folgt aber keiner völlig einheitlichen Ideologie, sondern ist eine Sammelbezeichnung für manchmal recht unterschiedliche Sichtweisen und vor allem für ein sehr unterschiedliches Auftreten. Das spiegelt sich in der organisatorischen Aufsplitterung der extremen Rechten in Deutschland wider. Auch in Köln kann man die Szene nicht auf die “typische Naziglatze von der Straße” oder den “typischen Nazi in Nadelstreifen” reduzieren; das Bild ist vielfältiger.


(1) Der Begriff “rechtsextrem” deutet an, dass es zwei Extreme gebe, die eine “demokratische Mitte” bedrohen würden. Er setzt damit “rechts” und “links” in gewisser Weise gleich, eine sachlich absurde Sichtweise. Trotzdem wird der Begriff in der Rechtsextremismusforschung mangels besserer Alternativen verwendet.
(2) modifiziert nach Stöss, Richard: Rechtsextremismus im Wandel, 2. Aufl. Berlin 2007, S. 27
(3) Brähler; Elmar; Decker, Oliver: Vom Rand zur Mitte, Berlin 2006, S. 32 ff.
(4) Hurrelmann, Klaus; Albert, Mathias: 15. Shell Jugendstudie: Eine pragmatische Generation unter Druck, 2006