Die Themen einer selbsternannten „Bürgerbewegung“
Das inhaltliche Vorgehen der Bürgerbewegung pro Köln wird von einer doppelten Herangehensweise geprägt: Zum einen versucht sie, allgemein diskutierte Themen - etwa die Gewaltkriminalität in manchen Vororten - mit dem Thema Einwanderung zu verbinden. Zum anderen führt sie damit extrem rechte Positionen in gesamtgesellschaftliche Debatten ein.Dominierende Themen sind bei Pro Köln seit einigen Jahren Islam, Islamismus und die Einwanderung nach Deutschland. Zentraler Agitations-Schauplatz ist der Kölner Stadtteil Ehrenfeld mit dem dort geplanten Moscheebau. Pro Köln stellt den Moscheebau sehr emotional als eine Art feindliche Landnahme im Stadtteil dar und spricht von einer “schleichenden Islamisierung” Kölns. Es “liegt auf der Hand, daß die Ehrenfelder Großmoschee eine Art Staat im Staate bilden wird” (1), behauptet die “Bürgerbewegung” - als ob das Problem nicht vielmehr in der Ausgrenzung muslimischer Einwanderer durch die deutsche Mehrheitsbevölkerung läge. Pro Köln jedoch sieht eine “Parallelgesellschaft” auf der Grundlage der “islamischen Kultur” entstehen, die auf “Praktizierung der Scharia, Gewaltpotential und Terrorismusgefahr ..., Haßprediger, religiöse Erziehung, Haltung zum Extremismus, Zwangsehe, Ehrenmord” zu überprüfen sei. Der Generalverdacht, unter den die “Bürgerbewegung” den gesamten Islam stellt, wird den Realitäten nicht gerecht – schließlich ist der Islam genauso wenig ein monolithischer Block wie das Christentum. Der Generalverdacht trägt aber zur Stigmatisierung des Islam bei. Rassistische Klischees über Einwanderer werden so in kulturelle Stereotypen verwandelt und erzeugen eine Art kulturell verbrämten anti-islamischen Rassismus.
Pro Köln-Demo mit
NPD-Unterstützung am 15. März 2003
Die Anti-Islam-Kampagne stößt
in Teilen der Kölner Bevölkerung durchaus auf Zustimmung.
Dies zeigt die Unterschriftensammlung von Pro Köln zum
“Bürgerbegehren” gegen den Moscheebau, die von zirka
16.000 Personen unterstützt wurde. Die Kölner Kampagne ist
auch keineswegs isoliert. In Berlin (Heinersdorf),
Frankfurt am Main und anderen europäischen Städten
mobilisieren ebenfalls unterschiedliche rechte
Gruppierungen gegen Moscheebauten und stoßen dabei auf
Zustimmung in der örtlichen Bevölkerung. Stets liegt dem
ein Weltbild zugrunde, das die Grundrechte, wie sie in der
Verfassung garantiert werden, nicht mehr als
unveräußerliche Rechte begreift, sondern als Privilegien,
die nur bei Anpassung an die deutsche Mehrheitsgesellschaft
verliehen werden. Zu diesen Grundrechten gehört bekanntlich
das Recht auf freie Religionsausübung, das mit der Pro
Köln-Kampagne in Frage gestellt wird.
Zweitwichtigstes Thema von Pro Köln ist die Innere
Sicherheit. Die Sozialwissenschaft weist seit je darauf
hin, dass Kriminalität nicht von ethnischer Herkunft,
sondern vom sozialen Milieu abhängig ist -
Steuerhinterziehung wird eben vorwiegend in finanziell
bessergestellten Kreisen begangen, Körperverletzung eher in
Unterschichtsmilieus. Die “Bürgerbewegung” jedoch stellt
eine Verbindung zwischen ethnischer Herkunft und
Kriminalität her, erklärt die Gewalt in manchen Vororten
zum “Ausländerproblem”. In Pro Köln-Kreisen werden
Wahnvorstellungen wie die folgende herbeifantasiert: “In
den Städten unseres Landes gibt es immer mehr rechtsfreie
Räume, in denen sich selbst die Polizei nur noch in großer
Zahl traut. ‘No-Go-Areas’ also - aber nicht für Ausländer
oder Asylbewerber, sondern für die einheimischen Bürger!”
(2) Entsprechend laufen die Vorschläge der “Bürgerbewegung”
zur Kriminalitätsbekämpfung weitgehend auf blanke
“Ausländer raus!”-Politik hinaus. Vor ein paar Jahren
forderte Pro Köln übrigens sogar die Aufstellung einer
Bürgerwehr. Die neuen Konflikte, die dies schaffen würde,
kann man sich leicht ausmalen.
“Pro Köln”- und “Pro
NRW”-Propagandamaterial
Eine Besonderheit bei Pro Köln
ist der hohe Stellenwert, den die Hetze gegen Sinti und
Roma besitzt. Die “Bürgerbewegung” hat das Thema sogar in
ihre Programmatik aufgenommen. “Jugendliche Roma-Klau-Kids”
würden “nunmehr über Jahre die ganze Stadt terrorisieren”,
heißt es in den “6 Punkten pro Köln”.3 Die Hetze gegen
Sinti und Roma erinnert an die Zeit, als zahlreiche heutige
Pro Köln-Aktivisten noch unter dem Namen Deutsche Liga für
Volk und Heimat (DLVH) Politik machten, ein Kopfgeld auf
eine Roma-Frau aussetzten und sie steckbrieflich suchten.
“Roma-Klau-Kids ... gehören unverzüglich abgeschoben”,
fordern sie heute.
Ein drittes zentrales Thema bei Pro Köln ist der Kampf
gegen den “Klüngel-Sumpf” und die “kommunalpolitische
Klasse”. Die “Altparteien”, der “kriminelle Polit-Klüngel”,
sei “verfilzt bis zu den untersten Ebenen”, erklärt die
“Bürgerbewegung”. Die Kritik bewegt sich jedoch nur auf der
verbalen Ebene. Exemplarische Schritte hin zu größerer
Transparenz im Stadtrat oder konkrete politische
Forderungen für mehr demokratische Mitwirkung der
Bevölkerung kennt man von Pro Köln nicht. Das Thema dient
tatsächlich vor allem dazu, Protest gegen die “Altparteien”
auf die Mühlen der “Bürgerbewegung” zu lenken, die wegen
ihrer extrem rechten Positionen bislang noch von ebenjenen
“Altparteien” ausgegrenzt wird - Pro Köln darf eben noch
nicht mitklüngeln. Wer den landes- und bundesweiten Ausbau
der Pro Köln-Strukturen beobachtet, kann die
“Klüngel”-Kritik der “Bürgerbewegung” ohnehin nicht ernst
nehmen: In Pro NRW und Pro D herrscht der Klüngel von Pro
Köln.
Neben diesen drei Hauptthemen widmet sich Pro Köln je nach
Bedarf und Möglichkeit auch weiteren Feldern, vor allem
dort, wo sie in einem Teil der lokalen Bevölkerung eine
emotionalisierte Debatte gegen “Fremde” bzw. “Ausländer”
und andere sozial Ausgegrenzte erkennt. Beispiele hierfür
sind die Kampagnen von Pro Köln gegen
Flüchtlingsunterkünfte in Köln-Poll und Merkenich, gegen
die Verlegung des Straßenstrichs nach Longerich, gegen die
Drogenberatungsstelle Junkie-Bund in Kalk oder gegen den
Bau einer forensischen Klinik in Porz, die vor allem an
autoritäre Weltbilder anknüpften und sie verstärkten. In
manchen Stadtteilen gelang es Pro Köln tatsächlich, in
einem Teil der Bevölkerung die Debatte zu bestimmen.
Recht vorsichtig ist Pro Köln mit Antisemitismus und
offenem Geschichtsrevisionismus, Themen, die für die
extreme Rechte in Deutschland insgesamt sehr große
Bedeutung besitzen. Regelmäßig nimmt Pro Köln jedoch zum
Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus Stellung.
So erklärte Judith Wolter im Stadtrat, der 8. Mai sei für
sie “sicherlich kein Datum zu feiern” - schließlich sei
nach dem alliierten Sieg “de facto ein Drittel des
damaligen Reichsgebietes” verloren gegangen. (4)
Anti-Islam-Kongress
Unter dem Motto “Nein zur Islamisierung - Nein zur Kölner Großmoschee” hat die Bürgerbewegung pro Köln für den 19. und den 20. September 2008 eine “Großveranstaltung” in Köln mit bis zu 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern angekündigt. Dazu ist die Crème de la Crème des europäischen Rechtsextremismus geladen. Neben dem Vorsitzenden des Front National aus Frankreich, Jean Marie Le Pen, war zeitweise auch der verurteilte Holocaustleugner Nick Griffin, Vorsitzender der British National Party (BNP), als Redner angekündigt. Außerdem haben sich nach Angaben von Pro Köln Vertreter extrem rechter Parteien aus Österreich (FPÖ), Belgien (Vlaams Belang), Italien (Lega Nord), den USA (Robert Taft Group), Spanien und Ungarn angesagt.Der Kongress, von dem sich Pro Köln und Pro NRW große mediale Aufmerksamkeit erhoffen, soll den Wahlkampf für die Kommunalwahl 2009 einleiten. Er dient aber auch dazu, die europäische Vernetzung extrem rechter Parteien unter dem Dach einer “Anti-Islam-Kampagne” voranzutreiben. Im Jahr 2008 haben Pro Köln und Pro NRW dazu die Kampagne “Städte gegen Islamisierung” gestartet. Mit einer in fünf Sprachen übersetzten “Charter” (gemeint ist wohl “Charta”) soll die Existenz eines europaweiten Netzwerks suggeriert werden, das bisher allerdings nur aus den üblichen Verdächtigen von Pro Köln und Pro NRW, Vlaams Belang, FPÖ und einigen französischen Rechtsextremen besteht.
(1) Großmoschee soll an die Innere Kanalstraße, www.pro-koeln-online.de
(2) 7 Punkte pro NRW, www.kongress.pro-nrw-online.de/content/view/260/198/
(3) 6 Punkte pro Köln, www.pro-koeln-online.de/
(4) Kölner Stadt-Anzeiger, 23.04.2005