Jugendarbeit bei Pro Köln
Während eine ganze Reihe extrem rechter Gruppierungen, etwa die NPD, zahlreiche Anhänger unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen finden, ist die jüngere Klientel unter den Aktivisten von Pro Köln deutlich unterrepräsentiert. Das ungenutzte Potenzial zeigt sich auch im Wahlverhalten: Immerhin stimmten zuletzt über zehn Prozent der Erstwähler für Pro Köln. Abhilfe soll eine 2006 ins Leben gerufene “Jugendoffensive” schaffen. Mit ihr bemüht sich die “Bürgerbewegung” seit mittlerweile zwei Jahren, ihre Attraktivität für jüngere Menschen zu erhöhen.Jugendoffensive 2006
Im Sommer 2006 installierte Pro Köln im Rahmen der “Jugendoffensive” den Arbeitskreis Jugend pro Köln und einen Jugendbeauftragten als Ansprechpartner. Besonderes Augenmerk liegt auf der Herausgabe der Zeitung Objektiv. Sie wird an etlichen Kölner Schulen und im Umland verteilt. Mittlerweile existiert auch eine eigene Internetseite, auf der Downloads der Zeitung bereitstehen.Die Zeitung Objektiv
Die Zeitung Objektiv ist als Parteizeitung einzustufen, auch wenn im Umfeld von Pro Köln immer wieder behauptet wird, es handle sich um eine unabhängige Schülerzeitung. (1) Herausgeber ist der gegenwärtige Jugendbeauftragte von Pro Köln, Martin Schöppe. Genau wie Pro Köln selbst soll auch die Zeitung Objektiv seriös und bieder wirken, wie es auch der Name schon andeutet. Jugendkulturelle Themen und Stilelemente sucht man vergeblich. Stattdessen besteht die Zeitung aus einem Sammelsurium aus unspektakulären Film- und Buchkritiken, Werbung für regionale Ausflugsziele und rechtsextremen Polit-Texten. Diese orientieren sich an der Mutterpartei: Hetze gegen den Islam, rassistische Parolen, übertriebene Darstellungen von Alltagskriminalität und Nationalismus.
Konflikte zwischen Jugendlichen
werden überzogen und plakativ als Konflikte zwischen
“Deutschen” und “Ausländern” dargestellt. So führt die
Jugend Pro Köln in Objektiv beispielsweise den höheren
Anteil an Gewalttaten männlicher Jugendlicher mit
Migrationshintergrund auf eine angeblich andere Wesensart
von Ausländern zurück – ein längst widerlegtes Vorurteil:
Die ungleiche Verteilung der Kriminalität hat ihre Ursache
in der ungleichen Verteilung von Wohlstand und Chancen.
Darüber hinaus ziehen sich altbekannte rassistische
Stereotype durch die Artikel in Objektiv. In totaler
Verdrehung der Realität stellt die Zeitschrift Deutsche
stets als Opfer dar – zum einen im Zusammenhang mit dem
Zweiten Weltkrieg, dessen Opfer aus unerfindlichen Gründen
die Deutschen gewesen sein sollen, zum anderen in Bezug auf
die Gegenwart. Da werden die Deutschen als angebliche
Minderheit dargestellt, die von Gewalt und sogar vom
Aussterben bedroht sein soll.
Die Bürgerbewegung pro Köln hat mehrfach versucht, der
Zeitung den Anschein von Seriosität zu verleihen, indem sie
in Objektiv Werbeanzeigen abgedruckt hat – und zwar ohne
die Zustimmung der beworbenen Organisationen einzuholen.
Weder der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) noch eine
örtliche Fahrschule und auch nicht die Polizei waren
erfreut über die unerbetene Werbung. Gegendarstellungen und
Unterlassungsklagen folgten. Es bleibt abzuwarten, ob Pro
Köln weiterhin dreist versuchen wird, auf diese Weise
andere Initiativen vor den eigenen Karren zu spannen.
Ohnehin gestaltete sich nach einer breiten
Aufklärungskampagne an den Kölner Schulen über die Ziele
von Pro Köln die Verteilung von Objektiv für die rechten
Aktivisten zum Teil ausgesprochen unangenehm.
Ausweitung auf NRW
Mittlerweile liegt die vierte Ausgabe von Objektiv vor. Sie wird nicht mehr nur in Köln, sondern mit einer Auflage von nach Eigenangaben 10.000 Exemplaren an Schulen in ganz NRW verteilt. Darüber hinaus hat sich als landesweites Pendant zum Arbeitskreis Jugend pro Köln ein Arbeitskreis Jugend pro NRW mit einer eigenen Jugendbeauftragten gegründet.
Die Jugendbeauftragten
Die Jugendbeauftragten sollen
für eine bessere Ansprache und vermehrte Kontakte zu
Jugendlichen sorgen. Der erste Jugendbeauftragte von Pro
Köln war Harald Schmidt-Lonhardt. Sein Vater Rainer
Schmidt-Lonhardt, ein Rechtsanwalt, war in den 1990er
Jahren als Prozessbevollmächtigter für die extrem rechte
Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) in Köln tätig.
Nach einem kurzen Versuch, mit dem abgekupferten Spruch
“Deutsch ist geil” bei Jugendlichen zu punkten, gab Harald
Schmidt-Lonhardt rasch auf und wurde von René Emmerich
abgelöst. Der wiederum trat öffentlich nicht in
Erscheinung. Inzwischen ist Martin Schöppe, ein Mitglied
der Bezirksvertretung Chorweiler, Jugendbeauftragter von
Pro Köln.
Auch der Posten des Jugendbeauftragten von Pro NRW ist
nicht durch besonders herausragende Kontinuität geprägt.
Jan Weber war nur kurz im Amt, wurde aber bald durch
Marylin Anderegg abgelöst. Die derzeitige Jugendbeauftragte
von Pro NRW ist jugendpolitisch bisher überhaupt nicht in
Erscheinung getreten.
Pro NRW-Jugendbeauftragte
Marylin Anderegg
Beteiligungsmöglichkeiten
Jugend pro Köln hat kaum
eigenständige Aktionsformen, die sich vom Auftreten der
Mutterpartei unterscheiden. Es gibt die bei Pro Köln
üblichen Beteiligungsmöglichkeiten wie Parteimitgliedschaft
oder Unterschriftenkampagnen. Aktivitäten und
Veranstaltungen orientieren sich eher an den Interessen
älterer Menschen und sind für Jugendliche eher langweilig.
So gab es z.B. eine Bootsfahrt auf dem Rhein. Es gibt
jedoch Anzeichen, dass sich an der wenig attraktiven
Jugendarbeit von Pro Köln etwas ändern könnte. Bei einem
“Tag der rechten europäischen Jugend” am 3. und 4. Mai 2008
in Antwerpen, der von der Jugendorganisation des Vlaams
Belang, den Vlaams Belang Jongeren (VBJ), organisiert
wurde, waren neben Jugend pro Köln und Jugend pro NRW auch
andere extrem rechte bis neonazistische Jugendgruppen
anwesend, mit denen sich ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln
konnte. Es handelte sich um die Republikanische Jugend
(Jugendorganisation der Republikaner), den österreichischen
Ring Freiheitlicher Jugend, die Jeunesses Identitaires
Rijsel (Frankreich), die HVIM (Ungarn) und die Democracia
Nacional (Spanien). Darüber hinaus beteiligte sich auch die
extrem rassistische und antisemitische National Alliance
(USA). (2)
(1) www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/?em_cnt=1268767
(2) http://nsalternatief.wordpress.com/2008/05/05/dag-van-de-rechts-europese-jeugd/ sowie http://yvespernet.wordpress.com/2008/05/04/dag-van-de-rechts-europese-jeugd/