Die "Bürgerbewegung Pro Deutschland"

Bereits zwei Jahre vor der Gründung von Pro NRW, am 20. Januar 2005, hatten die Pro Köln-Stadträte Manfred Rouhs und Bernd Schöppe die Bürgerbewegung pro Deutschland (Pro D) aus der Taufe gehoben. In seinem Programm sieht Pro D die multikulturelle Gesellschaft als gescheitert an, plädiert für die “unverzügliche” Abschiebung “ausländischer Straftäter” und fordert in populistischer Manier: “Deutschland darf kein Einwanderungsland” werden. Dem Gründungsvorstand von Pro D gehörten neben Rouhs (als Vorsitzendem) und Schöppe (als Schriftführer) der Physikprofessor Tilmann Reichelt (Bonn) und Dr. Friedrich Löffler (Wesseling) an. Beide zählten im selben Jahr zum Einladerkreis des extrem rechten Akademiekreises. Als Beisitzerin wurde Gerda Wittuhn aus Hamburg gewählt, die zuvor einen Arbeitskreis der rechten Schill-Partei geleitet hatte.

Pro D beschloss, zunächst mit einer Petition gegen die geplante Aufnahme der Türkei in die EU an die Öffentlichkeit zu gehen. Dazu sollte ein Faltblatt erstellt und “in Millionenauflage” verbreitet werden. (1) Im April 2005 erschien dann im neofaschistischen Monatsblatt Nation und Europa eine erste Anzeige von Pro D, die für den 8. Mai ein “Flugblatt zur Massenverteilung” ankündigte. Im Januar 2006 fand ein erstes “Strategieseminar” statt. Dort wurden, anknüpfend an die Vorgehensweise von Pro Köln, die nötigen Handlungsschritte aufgezeigt, um von einer “belächelten Kleingruppe zum ernstzunehmenden politischen Faktor” zu werden. (2) Als Hauptredner auf der ersten ordentlichen Bundesversammlung von Pro D im November 2006 in Bonn war Alfred Mechtersheimer von der nationalistischen Deutschlandbewegung eingeladen worden.

Erste Ableger

Erste örtliche Ableger von Pro D hatten sich mittlerweile um Lars Seidensticker in Hambühren (Kreise Celle) und um ehemalige Aktivisten der Schill-Partei in Frankfurt/Oder gebildet. Zum Jahreswechsel 2006 / 2007 schaltete Pro D-Chef Rouhs eine Website frei, die künftig als “Informationsquelle für patriotische politische Nonkonformisten” dienen sollte. Beworben wurde die Seite u.a. mit Anzeigen in der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit. Im März 2007 kündigte der ehemalige Landesvorsitzende der Republikaner in Niedersachsen, Christian Perbrandt, die Gründung von Pro Hannover an. Auf einem “Strategieseminar” im April in Berlin, an dem ebenfalls Ex-Republikaner teilnahmen, wurde eine Postwurfsendungskampagne gegen den Beitritt der Türkei zur EU angekündigt. Bis Anfang 2010 soll Pro D in Berlin “wahlkampffähig” werden.

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Manfred Rouhs mit Pro Deutschland-Plakat (Screenshot der Pro Deutschland-Internetseite)

Auch in Bayern hatten sich inzwischen Ableger von Pro D gebildet. Um Rüdiger Schrembs, 2006 noch Mitglied des NPD-Landesvorstandes, und Stefan Werner, ehemals Funktionär der extrem rechten Deutschen Partei, bildete sich 2006 Pro München e.V. Noch im Januar 2007 hatte der Verein keine Hemmungen, den NPD-Landtagsabgeordneten Udo Pasteurs und den bayrischen NPD-Landesvorsitzenden Ralph Ollert als Redner für seine Jahreshauptversammlung anzukündigen. Im gleichen Jahr zerbrach jedoch das extrem rechte Bündnis. Der NPD-Flügel beschloss die Gründung einer Bürgerinitative Ausländerstopp München. Währenddessen gründeten in Weißenburg-Gunzenhausen ehemalige Rep-Aktivisten im Sommer 2007 einen Pro D-Kreisverband. In Heilbronn bildete sich um den ehemaligen Republikaner-Funktionär Alfred Dagenbach Pro Heilbronn. Auch für weitere baden-württembergische Städte wird die Gründung von Pro D-Ablegern anvisiert. In Berlin nutzen Anhänger von Pro D die Debatten um Moscheebauten in Neukölln und Charlottenburg, um massiv für sich zu werben. Im Hochtaunuskreis verbreiten Anhänger von Pro D Flugblätter “gegen Islamisierung”.

0,9 Prozent

Auf der zweiten Bundesversammlung von Pro D im November 2007 in Remagen wurden die Ex-Republikaner Dagenbach, Perbrandt und Fred Steininger (Heilbronn) in den neuen Bundesvorstand gewählt. Ebenfalls gewählt wurden Löffler und Reichelt, Werner aus München sowie Seidensticker aus Hambühren. Rouhs blieb Bundesvorsitzender. Die Pro Köln-Stadträtin Regina Wilden wurde Schriftführerin. Michael F. Kucherov (Köln) wurde zuständig für “Auslandskontakte”. Eine Vertreterin des rassistischen Vlaams Belang berichtete auf der Versammlung über die Erfolge der belgischen Partei. Ex-NPDler Schrembs sprach über die Arbeit von Pro München. Pro München hatte es unter großem Aufwand und mit Unterstützung von auswärts geschafft, die nötigen Unterschriften für die Zulassung zur Kommunalwahl in der bayerischen Landeshauptstadt zusammenzubekommen. Trotz der großen Anstrengungen – angeblich standen 300.000 Wahlkampfzeitungen mit massiver ausländerfeindlicher Hetze zur Verfügung – verfehlte Pro München mit 0,9 Prozent den Einzug in den Münchner Stadtrat.

Unverständlicherweise hat das Hamburger Verwaltungsgericht Anfang 2008 entschieden, dass Pro D vom sogenannten Verfassungsschutz künftig nicht mehr als “rechtsextrem” eingestuft werden darf. Dabei geht sogar Pro NRW auf Distanz zu Pro D – allerdings nur, wenn es um die bundesweite Ausdehnung des extrem rechten Pro-Projekts geht. Pro NRW plädiert für eine Schwerpunktsetzung in NRW. Auch eine Verlinkung auf der Webseite von Pro NRW zu Pro D gibt es nicht. In Reaktion darauf hatte Pro D-Chef Rouhs im Juli 2007 seinen Beitritt zu Pro NRW erklärt und zugesagt, beim Aufbau von Strukturen im Rheinland mitzuhelfen. Bis zur Kommunalwahl 2009 werde Pro D, so Rouhs, “keinen aktiven Verbandsaufbau betreiben”. (3) Quasi im Gegenzug wurde er im September 2007 zum stellvertretenden Vorsitzenden von Pro NRW gewählt, verschwand später aber wieder aus der Auflistung der Vorstandsmitglieder auf der Pro NRW-Homepage. Die Zwistigkeiten zwischen Pro NRW und Pro D scheinen also nicht beigelegt worden zu sein. Etwaige Erfolge für Pro NRW bei den nächsten Kommunalwahlen dürften die Debatte um eine bundesweite Ausdehnung der Pro-Bewegung zusätzlich anheizen.


(1) www.pro-deutschland.net 21.01.2005
(2) Pro D-Rundbrief 01.02.2006
(3) Lotta - Antifaschistische Zeitung aus NRW #28